Baden-Baden - 13.05.2022
Das Auftreten von Neurodermitis (auch atopische Dermatitis) ist nicht vorhersehbar. Das Krankheitsbild zeigt sich sehr facettenreich, mit verschiedenen Phasen und Intensitäten, was die Diagnose nicht einfacher macht. Bricht die Krankheit aus, sind vor allem der starke Juckreiz und die trockenen, entzündeten Hautstellen signifikante Symptome, unter denen die Betroffenen leiden. Neurodermitis ist dabei eine chronische, entzündliche, nicht ansteckende, multifaktorielle Krankheit, die aber therapierbar ist. Aus genau diesen Gründen kommen nach der Diagnosestellung viele Fragen auf, die für Unsicherheit sorgen: Wie geht es jetzt weiter? Was hilft gegen den quälenden Juckreiz? Wie kann ich mit Kortison umgehen? Kann eine Ernährungsumstellung die Symptome lindern?
Was am Anfang ganz wichtig ist: Ihr als Familie seid damit nicht allein. Etwa 5-15% aller Kinder in Mitteleuropa leiden unter einem atopischen Ekzem. Das bedeutet wiederum, dass schon viel Informationsmaterial in Form von Literatur, Foren und Selbsthilfegruppen existiert.
Als erste Hilfestellung haben wir hier die wichtigsten Fakten zur Diagnosestellung zusammengefasst und eine Checkliste für den Umgang mit Neurodermitis erstellt:
Meist treten die ersten Anzeichen einer Neurodermitis bereits im frühen Kindesalter, oft ab dem 1. Lebensjahr, auf. Das Risiko an einer Neurodermitis zu erkranken, ist bei einer genetischen Disposition bis zu 75 % erhöht. Das bedeutet, wenn Elternteile oder vorherige Generationen bereits unter einer Erkrankung des atopischen Formenkreises leiden bzw. gelitten haben, besteht auch für die Kinder eine größere Wahrscheinlichkeit, Neurodermitis zu entwickeln. Darunter fallen auch Asthma bronchiale, allergische Bindehautentzündungen oder Nahrungsmittelallergien. Ein Blick in die Genealogie kann die Diagnostik erleichtern und wichtige Hilfestellungen bei der Differentialdiagnostik geben.
Neben der Prüfung einer erblichen Veranlagung muss sich der behandelnde Arzt das Hautbild und die Hautveränderungen genau anschauen. Die betroffenen Hautpartien, an denen die Ekzeme auftreten, sind dabei altersabhängig unterschiedlich befallen.
Grundsätzlich gilt für eine richtige Diagnose, dass die Hauterscheinungen über einen längeren Zeitraum bestehen, also chronisch sind und von Juckreiz begleitet werden.
Wie unterscheidet sich die Lokalisation der Ekzeme zwischen Kindern und Erwachsenen:
Säuglinge
Kleinkinder
Erwachsene
Vorsicht Verwechslungsgefahr! Im Säuglings- oder Kleinkindalter kann eine Neurodermitis beispielsweise mit der seborrhoischen Dermatitis verwechselt werden, da die Hauterscheinungen sehr ähnlich aussehen und auch zu Juckreiz führen. Im Erwachsenenalter können Kontaktallergien mit einer Neurodermitis verwechselt werden oder es kann beides zusammen vorliegen. Das macht den Gang zum Arzt und eine ausführliche Diagnostik besonders wichtig. Zudem kann man sich an den Deutschen Allergie- und Asthmabund wenden und sich durch ein interdisziplinäres Team beraten lassen.
Nach der Diagnosestellung gibt es verschiedene Empfehlungen, die den Umgang mit Neurodermitis etwas erleichtern können. Dabei sei aber gesagt, dass jeder Verlauf sehr individuell ist, auch wenn sich das Krankheitsbild manchmal ähnelt. Deswegen geht es oft darum, den für sich passenden Weg zu finden und das zu tun, was Haut und Seele guttun.
Blick in die Vergangenheit, um genetische Veranlagung und Triggerfaktoren zu identifizieren
Da Neurodermitis sich mit vereinzelten Symptomen meist bereist im 1. Lebensjahr zeigt, macht eine Spurensuche Sinn, um mögliche Schub-Auslöser zu identifizieren. Du kannst dir dabei zum Beispiel folgende Fragen stellen:
Spezialist*in aufsuchen
Hier kann es sehr hilfreich sein, sich nicht nur mit dem Kinder- oder Hautarzt auszutauschen, sondern einen Internisten aufzusuchen. Es gibt Kinder- und Allgemeinmediziner, die sich auf Atopie bzw. Neurodermitis spezialisiert haben und dir durch ihre langjährige Erfahrung mit dem Krankheitsbild, bewährte Methoden im Umgang mit Neurodermitis an die Hand geben können.
Gleichzeitig gilt es, ein gesundes Mittelmaß zu finden. Denn auch wenn der Leidensdruck oft sehr hoch ist, mach es keinen Sinn seinem Kind eine Arzt-Odyssee auszusetzen, wodurch sich die psychische Belastungssituation – und damit auch häufig die Haut – weiter verschlimmert.
Basispflege etablieren
Direkt nach der Diagnose ist es zu empfehlen, sofort mit einer Basispflege-Routine zu beginnen, was einfach heißt: Cremen ist das A und O. Studien haben zwar gezeigt, dass eine intensive Hautpflege Neurodermitis nicht zwangsläufig vorbeugen kann, die regelmäßige Anwendung von Hautpflegeprodukten mit rückfettenden und feuchtigkeitsbindenden Inhaltsstoffen sind aber nachweislich nützlich, um den Hautzustand zu verbessern und die Hautbarriere zu stärken. Diese regelmäßige Pflege bei diagnostizierter Neurodermitis kann die Beschwerden wie Rötungen, Juckreiz und Trockenheit deutlich reduzieren und sollte auch während der beschwerdefreien Zeit zur Anwendung kommen. Für akute Phasen empfiehlt es sich, ergänzend Produkte zur Juckreizlinderung, z.B. mit Ectoin, anzuwenden.
Neurodermitis-Tagebuch führen
Zahlreiche Einflussfaktoren in unserem Alltag können Neurodermitis bei uns oder unseren Kindern beeinflussen. Um den Verlauf und mögliche Triggerfaktoren besser nachvollziehen zu können, ist ein Neurodermitis-Tagebuch sehr hilfreich. Zudem können wir uns dadurch einfacher an hautschonende Gewohnheiten erinnern und im Schub wieder darauf zurückgreifen.
Zum Beispiel können diese Punkte helfen, den Verlauf der Neurodermitis zu beobachten und besser einzuschätzen:
Wichtig zu wissen ist aber, dass das alleinige Ausfüllen eines Neurodermitis-Tagebuches nicht den Gang zum Arzt ersetzen kann.
Hilfe annehmen
Wir alle dürfen uns immer wieder bewusst machen: Das Leben mit einer chronischen Erkrankung wie Neurodermitis ist eine Herausforderung. Professionelle Hilfe kann deswegen eine große Bereicherung sein. Zum Beispiel ist die Teilnahme an Neurodermitis-Schulungen für Eltern und Kinder zu empfehlen. Die Kosten für die Teilnahme werden normalerweise von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Auch der Kontakt mit anderen Betroffenen und Angehörigen in Selbsthilfegruppen kann neue Impulse setzen und zeigen, dass wir mit den Problemen nicht allein sind.