Wirkstoffe bei Neurodermitis im Schnell-Check: Das ist der Unterschied zwischen Cortison, Urea und Ectoin

Baden-Baden - 13.05.2022

Familienurlaub mit Neurodermitis: Worauf sollten wir beim Reisen achten?

Bei der Behandlung von Neurodermitis spielen sowohl die tägliche Basispflege als auch Akutmaßnahmen im Schub eine entscheidende Rolle. Je nach Stadium kommen dabei verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. Hierbei unterscheiden wir zwischen akut, subakut und chronischem Krankheitsstadium. Die jeweiligen topischen Präparate (äußerlich anwendbar) wirken je nach Wirkstoff rückfettend, juckreizstillend, entzündungshemmend und versorgen die gereizte Haut mit Feuchtigkeit. In sehr akuten Fällen mit starken Entzündungen können ebenfalls Medikamente zur oralen Einnahme zum Einsatz kommen. Bei der täglichen Basispflege gilt, je trockener die Haut, desto fetthaltiger sollte das Pflegeprodukte sein – kurz „fett auf trocken“. Im akuten Stadium, bei entzündeter, nässender Haut, sollten Pflegeprodukte einen höheren Wassergehalt haben. Hier gilt „feucht auf feucht“. Doch was bedeutet das jetzt konkret in der Anwendung? Wir schauen uns Fettcremes, Lotionen und die unterschiedlichen Wirkstoffe genauer an.

Anwendung von Fettcremes und Lotionen

Wenn von Fettcremes gesprochen wird, sind meistens rückfettende Cremes auf Wasser-in-Öl-Basis gemeint. Diese haben einen hohen Fettgehalt (Lipidanteil) und helfen dabei, den Schutzfilm unserer Haut aufrecht zu erhalten bzw. die geschädigte Epidermis wieder aufzubauen. Diese Art der Cremes sind für Betroffene mit Neurodermitis sehr wichtig, weil die Haut durch die Erkrankung nicht in er Lage ist, selbständig ausreichend Fette zu produzieren.
Wann geeignet?

Besonders in schubfreien Phasen, in denen die Haut sehr trocken, schuppig und sensibel ist, eignen sich rückfettende Cremes. Sie sorgen dafür, dass die Haut nicht so schnell austrocknet und reizauslösende Stoffe schwerer eindringen können.
Wenn die Haut aber stark entzündet ist und nässt, sollte auf Lotionen mit einem höheren Wasseranteil zurückgegriffen werden. Ansonsten können Fettcremes dazu führen, dass die Poren verstopft werden und die Haut anschwillt, was die Entzündung weiter verstärkt und den Juckreiz fördert.

Vor- und Nachteile von fetthaltigen Cremes
VorteileNachteile
Stärkung der HautschutzbarriereNicht geeignet im akuten Schub, wenn die Haut stark juckt und entzündet ist
Unterstützt in schubfreien PhasenZieht langsam ein und kann Fettflecken hinterlassen
Geeignet für trockene, schuppige und empfindliche Haut

Wässrige Lotionen oder Cremes verdunsten schneller auf der Haut. Hierdurch werden die nässenden Hautstellen ausgetrocknet und gekühlt; der Juckreiz lässt ebenfalls langsam nach. Lotionen ziehen dabei auch schneller in die Haut ein, inklusive der enthaltenen Wirkstoffe.

Vor- und Nachteile von wässrigen Lotionen

VorteileNachteile
Geeignet im akuten Schub bei entzündeter, juckender und nässender HautNur bedingt für trockene und empfindliche Haut außerhalb des Schubs geeignet, da die Haut nicht genug Feuchtigkeit binden kann
Zieht schnell in die Haut ein

Wirkstoffe im Check

Cortison

Als natürliches Hormon kommt Cortisol in unserem menschlichen Körper vor und wird von der Nebennierenrinde produziert. Es wirkt bei verschiedenen Stoffwechselprozessen mit und ist zum Beispiel daran beteiligt, Entzündungsreaktionen im Körper zu bremsen.
Cortison ist dabei eine Vorstufe des Cortisols und wird in verschiedenen Medikamenten zur Behandlung von chronischen Erkrankungen, wie Neurodermitis, verwendet.
Da Cortison entzündungshemmend wirkt, kann eine Salbe mit diesem Wirkstoff den akuten Neurodermitis-Schub lindern. Die Entzündungen gehen zurück und der Juckreiz lässt nach. Dabei sind verschiedene Cortison Präparate in unterschiedlichen Stärkegraden erhältlich, wobei hier immer eine Absprache mit dem Arzt stattfinden muss. Vor allem auch deswegen, weil Cremes mit Cortison nur kurzfristig angewendet werden dürfen. Bei einer zu langen oder dauerhaften Anwendung kann es zur irreversiblen Schädigung der Kollagenbildung in der Haut und/oder zu Pigmentstörungen kommen. Ob eine Therapie mit Cortison tatsächlich notwendig ist, sollte deshalb immer ärztlich abgewogen werden.
Da bei Neurodermitis-Beschwerden jedoch nicht zu lange gezögert werden sollte, sind cortisonhaltige Cremes und Salben trotzdem häufig Teil des Behandlungsplans – vor allem in akuten Schüben.


Urea (Harnstoff)

Urea bzw. Harnstoff ist ein Endprodukt unseres Eiweißstoffwechsels. Dieser Wirkstoff ist in vielen pflegenden Cremes enthalten, da er, von außen aufgebracht, den Wasseranteil in unserer obersten Hautschicht erhöht. Deswegen kommt Harnstoff häufig bei der Behandlung von Neurodermitis zum Einsatz. Die natürliche Hautbarriere wird durch die Anwendung stabilisiert und Juckreiz gemindert. Allerdings nur bei regelmäßiger und dauerhafter Anwendung – ansonsten kann auch das Gegenteil erreicht werden. Bei sensibler Haut und im akuten Schub können harnstoffhaltige Cremes außerdem ein brennendes Gefühl verursachen. Besonders bei Kleinkindern und Säuglingen können bei Verwendung von Urea Hautreizungen auftreten, weswegen auch hier die Dosierung und Dauer immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt stattfinden sollte.

 

Ectoin

Ectoin ist ein natürliches Zellschutzmolekül, das von Mikroorganismen in der Salzwüste gebildet wird. Es wirkt wie ein Schutzschild, zieht Wassermoleküle an sich und bindet damit Wasser. Cremes mit diesem Wirkstoff helfen der Haut dabei, Feuchtigkeit zu speichern und damit aktiv vor dem Austrocknen zu schützen. Eine Computersimulation ergab, dass Ectoin fast doppelt so viel Wasser binden kann wie Urea.¹ Gleichzeitig hat Ectoin eine indirekte entzündungslindernde Wirkung, da es bei der Wiederherstellung und Stabilisierung der Hauschutzbarriere unterstützt. Unsere Haut wird durch die Anwendung widerstandsfähiger und reagiert weniger auf Reize von außen.
Eine Creme, die Ectoin enthält, kann zudem akute Symptome wie Juckreiz, Trockenheit und Rötungen bis zum vollständigen Verschwinden gelindert werden.

Großer Vorteil bei der Anwendung ist, dass die Wirksamkeit und Verträglichkeit bereits bei Kleinkindern wissenschaftlich belegt wurde. ²


Gerbstoffe

Gerbstoffe können als ergänzende Therapie genutzt werden und die Symptomatik der Neurodermitis verbessern. Neben der synthetischen Herstellung enthält z.B. auch Schwarztee natürliche Gerbstoffe, die eine adstringierende (lat. “zusammenziehende”) Wirkung haben. Schwarztee als Umschlag, Auflage oder Wickel genutzt, kann damit die nässende Haut „austrocknen“, die Entzündung lindern und den Juckreiz reduzieren.
Es gilt aber darauf zu achten, dass nach der Anwendung von Schwarztee-Auflagen die Haut mit der individuellen Basispflege eingecremt wird, um eine zu starke Austrocknung zu vermeiden.

Neurodermitis Wirkstoffe im Vergleich

Quellen

¹ Smiatek J et al. (2012). Properties of compatible solutes in aqueous solution. Biophys Chem 160(1):62-68 (Computersimulation)
² Wilkowska et al. (2015). Evaluation of safety and efficacy of Dermaveel in treatment of atopic dermatitis. Alergol Pol 2 (4): 128–133



Artikel teilen


Das könnte Sie auch interessieren