Der atopische Formenkreis: Wie hängen Neurodermitis, Asthma, Allergien und Bindehautentzündungen zusammen?

Baden-Baden - 13.05.2022

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Neurodermitis (auch atopische Dermatitis) gehört zum atopischen Formenkreis, weswegen Betroffene auch häufig Atopiker genannt werden. Was bedeutet das aber genau?
Grundsätzlich versteht die Medizin „Atopie“ als eine genetische Disposition, durch die unser Immunsystem auf bestimmte Reize (Allergene) überempfindlich reagiert und eine übersteigerte Abwehrreaktion zeigt. Atopie ist also kein einzelnes Krankheitsbild, sondern eine Veranlagung, die das Auftreten von allergischen Erkrankungen an unterschiedlichen Organen begünstigt. Vor allem kommt es dabei häufig zu einer Kombination von Krankheiten, die gleichzeitig oder nacheinander auftreten können.

Welche Erkrankungen gehören zum atopischen Formenkreis?

Zum atopischen Formenkreis gehört nicht nur Neurodermitis, sondern auch Asthma bronchiale allergische Bindehautentzündung (Rhinokonjunktivitis), Heuschnupfen, Hausstaubmilben- oder Nahrungsmittelallergien. Dabei können die einzelnen Erkrankungen allein, nacheinander oder parallel in Erscheinung treten und verlaufen meist in Schüben (sogenannte Exazerbationen).
Bei Kindern, bei denen die Eltern ebenfalls vom atopischen Formenkreis betroffen sind, steigt die Wahrscheinlichkeit ebenfalls Atopiker zu werden auf bis zu 75%, im Vergleich zu Kindern ohne eine familiäre Vorbelastung.
Die Forschung ist seit Jahren den genauen Ursachen des atopischen Formenkreises auf der Spur. Zwar konnte die erbliche Veranlagung in Studien nachgewiesen werden ¹, jedoch sind die genauen Ursachen der Erkrankungen und deren Zusammenhänge nicht eindeutig geklärt.

Nicht alles ist Genetik: Wie erkenne ich Triggerfaktoren?

Es ist wichtig zu wissen, dass neben der genetischen Disposition verschiedene Umweltfaktoren neue Schübe auslösen und den Verlauf der Erkrankung maßgeblich beeinflussen können. Auch die Ernährung kann hier eine wichtige Rolle spielen.
Reize, die einen Ausbruch fördern können, werden als sogenannten Trigger- oder Provokationsfaktoren bezeichnet. Dabei gibt es sowohl Allergene, auf die wir uns und unsere Kinder testen lassen können (zum Beispiel mit einem Pricktest), als auch andere endogene und exogene Umweltfaktoren, auf die unser Immunsystem zusätzlich reagieren kann.

Mögliche Allergene, die getestet werden können:

Weitere Faktoren, die eine Überreaktion bzw. Schub auslösen können:

  • Klima wie kalte Winterluft oder trocken Heizungsluft
  • Schweiß
  • Temperaturschwankungen
  • Tabakrauch und Duftstoffe
  • Psychischer Stress und Belastungssituationen
  • Infekte

Quellen

¹ Arshad, H.S. et al.: The effect of parental allergy on childhood allergic diseases depends on the sex of the child. Journal of Allergy & Clinical Immunology, 2012, 130(2): 427-434


Was ist der atopische Marsch?

Wer bereits an einem atopischen Krankheitsbild wie Neurodermitis leidet, hat grundsätzlich ein erhöhtes Risiko, auch eine weitere Krankheit aus diesem Formenkreis auszubilden. Man spricht hier von einem sogenannten Etagenwechsel bzw. atopischen Marsch, wenn beispielsweise nach dem Neurodermitis-Ausbruch in einem späteren Alter auch ein Asthma bronchiale hinzukommt. Laut den bisherigen Forschungsergebnissen gibt es aber keine feste Abfolge des Auftretens. Grundsätzlich gilt, dass eine allergologische Diagnostik und präventive Maßnahmen äußerst wichtig sind, um Triggerfaktoren zu identifizieren und zu vermeiden – und den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen.

Warum ist Neurodermitis also keine Immunschwäche?

Unser Immunsystem dient der Abwehr von Substanzen, die unseren Körper schädigen können, wie beispielsweise Krankheitserreger. Gelangen diese Keime über unsere Haut, Schleimhäute, Mund oder Atemwege in unseren Organismus, wird unser Immunsystem in den meisten Fällen eine Abwehrreaktion auslösen. In manchen Fällen – wie es auch bei dem atopischen Formenkreis der Fall ist – reagiert es aber bereits auf harmlose Substanzen wie Tierhaare, Pollen oder bestimmte Bestandteile in Nahrungsmitteln.
Bei dieser überschießenden Immunantwort werden igE-Antikörper gebildet (Allergie vom Sofort-Typ-1), die eine Entzündungsreaktion als Abwehrmechanismus auslösen. Es kommt zu Rötungen, Schwellungen oder juckenden Hautausschlägen. Neurodermitis ist also keine Schwäche unseres Immunsystems, sondern ein übersteigerte Immunantwort, mit dem eigentlichen Ziel, uns zu schützen.


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