Emotionale Hilfe bei Neurodermitis: Wie können wir als Eltern unsere Kinder unterstützen?

Baden-Baden - 18.01.2022

Eltern helfen

Es gibt viele verschiedene Ansätze, wie eine gute Unterstützung bei Neurodermitis aussehen kann. Ein pauschales Allheilmittel gibt es leider nicht. Es stehen vielmehr die individuellen Bedürfnisse von Haut und Psyche im Fokus. Die Aussage „es ist doch nur die Haut“ hilft schlussendlich weder Kind noch Eltern; denn für Betroffene und Angehörige ist der Leidensdruck enorm. Vor allem dann, wenn die eigenen Kinder betroffen sind.

Im Umgang mit Neurodermitis sollten wir uns deswegen – wie auch bei vielen anderen Krankheiten – bewusstwerden: jeder macht Fehler! Und das ist ok, denn das ist Teil des Prozesses. Es geht immer wieder darum, Neues auszuprobieren, an Grenzen zu stoßen, wieder positive Gedanken zu fassen und den Mut nicht zu verlieren. Eine Mammut-Aufgabe, für die jeder den größten Respekt verdient hat.

Neurodermitis ist also schon lange keine reine Hautsache mehr, sondern ein emotionales Thema, dem wir uns als Familie mit offenen Armen stellen müssen.

Tipps für Eltern mit Neurodermitis umzugehen

Es wird immer wieder Phasen geben in denen nicht nur das Kind, sondern die ganze Familie mit der Neurodermitis überfordert ist. Deswegen ist es umso wichtiger, sich auf genau solche Situationen vorzubereiten. Dadurch ist es nicht nur einfacher mit bestimmten Herausforderungen umzugehen, sondern manche Probleme können sogar im Voraus vermieden werden.

  1. Weniger Fürsorge kann auch mehr sein
    Besonders als Elternteil von ständig betroffenen Kindern neigen wir dazu, besonders fürsorglich zu sein. Wir möchten unsere Kinder schützen und ihnen das Leben so einfach wie möglich gestalten. Aber egal ob vollständig gesund oder mit einer chronischen Erkrankung, Kinder brauchen ihre Freiheiten und Freiräume. Dadurch entwickeln sie Selbständigkeit, übernehmen Eigenverantwortung und bekommen mehr Handlungsspielraum. Auch der gleichberechtigte Umgang mit Geschwistern spielt hier eine große Rolle.

  2. Verständnis für die Situation aktiv kommunizieren
    Vor allem wenn unsere Kinder durch die Neurodermitis Wut, Ärger und andere Gefühle rauslassen möchten, sollten wir diesem Verhalten verständnisvoll begegnen und ein offenes Gespräch suchen. Denn für die Kleinen kann es schwierig werden, wenn ihnen das Gefühl suggeriert wird, dass ihre Erkrankung das Miteinander kompliziert macht.

  3. Offenheit bei Familie, Freunden und in der Schule
    Neurodermitis sollte kein Tabu-Thema sein, weder in der Familie noch bei Freunden oder in der Schule. Die offene Kommunikation hilft dabei, mehr Verständnis für die eigene Situation zu erzeugen. Auch die Geschwister können altersgerecht über die Neurodermitis aufgeklärt werden und fühlen sich stärker involviert.
    Im Schulkontext macht es Sinn, gemeinsam mit dem Kind in ein offenes Gespräch mit den Lehrer*innen zu gehen. Denn in akuten Krankheitsphasen kann es dazu kommen, dass es dem Kind durch unruhige Nächte an Konzentration fehlt, es sich durch das Ekzem besonders schämt oder durch den Juckreiz besonders gereizt ist. Genau in diesen Momenten brauchen unsere Kleinen eine besondere Unterstützung.

    Oft haben andere Kinder in der Klasse ebenfalls eine chronische Erkrankung. Hier kann es durchaus hilfreich sein gemeinsam mit der jeweiligen Lehrkraft zu überlegen, ob und wie dieses Thema in einer Unterrichtseinheit angesprochen werden kann. Dabei geht es vor allem darum, der Neurodermitis mehr Normalität zu geben.

  4. Hautsache aber keine Hauptsache
    Bei dem Umgang mit Neurodermitis handelt es sich um einen Balance-Akt. So wichtig es ist, offen und transparent über die Krankheit zu sprechen, genauso entscheidend ist es, in schubfreien Phasen der Erkrankung so wenig Raum wie möglich zu geben. Genau in diesen schubfreien Zeiten hilft es sehr, das Thema Neurodermitis nicht anzusprechen. Das kranke Kind sollte nicht immer im Mittelpunkt stehen.
    Das hilft ihm, die ständige Konfrontation mit der Sonderrolle und dem „Anderssein“ zu vergessen und schafft für alle mehr Leichtigkeit.

  5. Mehr Verantwortung geben
    Die Hautpflege-Routine ist bei der erfolgreichen Behandlung von Neurodermitis ein bedeutender Faktor. Gleichzeitig ist es hilfreich, unseren Kindern nicht zu viel abnehmen zu wollen und sie in die Eigenständigkeit zu führen. Wenn sie alt genug sind, können wir sie ermutigen, sich selbständig mit der Krankheit und der Behandlung dieser auseinander zu setzen. So bekommen sie das Gefühl, den Körper selbst in der Hand zu haben und entwickeln ein stärkeres Körperbewusstsein.

  6. Hilfe annehmen
    Wir lieben unsere Kinder und wollen sie so gut es geht schützen. Es ist dabei aber ebenso wichtig, sich selbst und das eigene Wohlbefinden nicht aus den Augen zu verlieren. Fühlen wir uns nicht gut oder sind gestresst, überträgt sich das automatisch auf die Kleinen. Deswegen sollten wir lernen, Verantwortung abzugeben und Hilfe bei Partnern, Großeltern oder Freunden zu suchen. Selbst eine kleine Auszeit von einer Stunde kann helfen, mehr Kraft zu tanken – um wieder gestärkt den Alltag beschreiten zu können.

    Wir müssen uns immer wieder bewusst machen: Das Leben mit einer chronischen Erkrankung wie Neurodermitis ist eine Herausforderung. Professionelle Hilfe anzunehmen, kann deswegen eine große Bereicherung sein. Empfehlenswert ist zum Beispiel die Teilnahme an Neurodermitis-Schulungen für Eltern und Kinder. Die Kosten für die Teilnahme an diesen Schulungen werden normalerweise von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen und Angehörigen in Selbsthilfegruppen kann neue Impulse setzen und zeigen, dass wir mit Problemen nicht alleine sind. Auch Neurodermitis-Apps, z.B. die NIA-Health App, können das Wohlbefinden fördern und hilfreich sein, um individuellen Auslöser von Schüben besser zu verstehen.

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